"Jobcenter=Vogssphere" oder "Odyssee Hartz IV"
Lieber Leser,
das Jobcenter übertrifft Planet Vogsphere an Komplexität und Bürokratie um Potenzen. Anhand eines Fallbeispiels (mein Fall) möchte ich erläutern warum.
In den 2 Jahren vor dem 16.01.09 habe ich mich insgesamt 4x Arbeitslos gemeldet, den Termin zur Antragsabgabe allerdings jedesmal abgesagt, weil ich vorher bereits einen neuen Job gefunden hatte.
Am 16.01.09 habe ich aufgrund des gestiegenen Workloads an dem Abendgymnasium mich arbeitslos gemeldet. Da die Komplexität des Antrags anscheinend relativ hoch ist, musste ich verpflichtend einen Volkshochschulkurs belegen, wie die Anträge auszufüllen seien. Dort sollten mir dann auch die Antragsformulare gegeben werden. Den Kurs habe ich selbstverständlich abgeschlossen und ging mit einem unglaublichen Haufen Papier nach Hause.
Nachdem ich alles sorgfältig ausgefüllt hatte, ging ich frohen Mutes zum Termin der Antragsabgabe, dies war Ende Januar. Dort wurde mir mitgeteilt, das der Hauptantrag fehlt und ich lediglich Anlagen bekommen hatte. Die Sachbearbeiterin brach den Termin ohne weitere Durchsicht der Unterlagen ab.
Der neue Termin zur Antragsabgabe wurde wieder 2 Wochen später angesetzt und ich erschien dort mit einem ausgefüllten Hauptantrag und den anderen Anlagen. Ich äußerte freundlich meinen Unmut über diese Situation, schliesslich hatte ich einen VHS-Kurs belegen müssen, wurde aber äußerst grob angemacht, weil ich 1. einen grünen Fineliner verwendet hatte um den Antrag auszufüllen und 2. ich ja nicht berechtigt wäre zu motzen, schliesslich hätte ich ja einen untragbaren bürokratischen Aufwand verursacht, dadurch das ich in den zwei Jahren vorher 4x einen Job gefunden hatte, bevor ich den Hauptantrag hätte abgeben müssen.
Die Sachbearbeiterin fand nun heraus, das die Mietbescheinigung meines Vermieters fehlen würde, ebenso die Meldebescheinigung über meinen Wohnort. Desweiteren verstand die Sachbearbeiterin einige der Abkürzungen auf dem Bescheid der Krankenkasse mit den Informationen über meine Krankenversicherung nicht. Ich dachte ich könne erwarten, das sie sich um dieses Wissen kümmert, aber nein, ich musste höchstselbst an meine Krankenkasse schreiben, um dann meiner Sachbearbeiterin das von ihr geforderte Schriftstück erklären zu können.
Verwundert, mit neuen Informationen, weiteren Formularen und einigen weiteren Behördengängen im Terminkalender entschwand ich wieder aus dem würfelförmigen Gebäude, das den Verdacht in mir wachsen ließ es könne fliegen.
Beim nun dritten Termin zur Antragsabgabe bemerkte die Sachbearbeiterin, das auch die Anlage mit Informationen über mein Gewerbe fehlen würde. Meinen Gewerbeschein habe ich, um Freunden und Bekannten auf legalem Weg etwas Geld abknöpfen zu können, wenn ich eine Homepage für sie gestalte, Visitenkarten designe oder Flyer erstelle. Da mir keine Kosten dadurch entstehen, setzte ich überall auf dem Formular eine 0 ein. Auch bei den zu erwartenden Einnahmen setzte ich überall 0 ein, denn ich hatte nicht vor "Aufträge" anzunehmen, bis ich nicht mein Abitur in der Tasche habe.
In der Hoffnung nun alles erledigt und ausgefüllt zu haben erschien ich pünktlich, ausgeruht und entspannt beim vierten Termin. Diesen Termin verliess ich als Nervenbündel mit akuten Selbstmordabsichten, oder zumindest Anschlagsfantasien mit viel Sprengstoff in würfelförmigen Gebäuden. Mein Bild der Sachbearbeiter wandelte sich immer weiter zu 2m großen schnaufenden Lebewesen mit übergroßem Buckel und kurzen Extremitäten.
Denn beim vierten Termin wurde mir eröffnet, ich müsse einen Bafög-Antrag stellen, bevor über meinen Hartz IV-Antrag entschieden werden könne, schliesslich sei Abendgymnasium vom Prinzip her Bafög-Förderfähig und Bafög müsste vor Hartz IV bevorzugt werden. Ich weiss nicht warum, aber ich hatte irgendwie die Hoffnung gehabt, das mir solche existenziellen Dinge direkt beim ersten Mal am 16.01.09 gesagt werden. Natürlich habe ich am 16.01 und auch sonst überall betont, das ich Abendschüler bin und mein Abitur nachhole.
Die telefonisch bestellten Antragsformulare kamen relativ schnell. Verwundert war ich darüber, dass ein übergroßer DIN A4-Umschlag für den 1,2cm dicken Stapel ausreichte, und die Formulare nicht auf Europaletten gestapelt zu mir kamen (dies hatte ich erwartet). Es wäre natürlich zu einfach für die Mietbescheinigung das selbe Formular zu verwenden wie das Jobcenter, darum schickte ich auch diese Mietbescheinigung mit frankiertem Rückumschlag an meine Vermieterin, welche in Frankreich wohnt.
Nun kam die sogenannte Weg-und-Wartezeitberechnung an die Reihe. Obwohl ich seit nun mehr 4 Jahren eine eigene Wohnung bewohne und bis mitte März über ein Auto verfügt habe, mit dem ich problemlos zur Schule komme, war es notwendig, das ich dem zuständigen Amt mitteile wie lange ich für den hypothetischen Weg von meiner Mutter zur Schule und von meinem Vater zur Schule bzw für den jeweiligen Rückweg brauchen würde. Das schlechte Netz der öffentlichen Verkehrsmittel hier auf dem Land machte diese Recherche sehr aufwendig, auch weil die Betreiber der Busnetze ihre Pläne nicht im Internet veröffentlicht haben. Das dazu zu Verfügung stehende Formular war nicht ausreichend detailliert um die kompexen öffentlichen Verkehrsmittel wahrheitsgetreu abzubilden. Aus diesem Grund schrieb ich einen Brief,
Auszüge davon möchte ich euch nicht vorenthalten:
Nachdem ich den weiteren Packen der Formulare ausgefüllt habe, die zusätzlichen behördlichen Auskünfte beigelegt hatte, waren knapp 2 vollständige Arbeitstage verstrichen und ich konnte den Haufen Anträge abschicken.
Nachdem ich knapp einen Monat auf den Bescheid über die Ablehnung gewartet hatte, bekam ich überraschend einen Brief vom Jobcenter, indem ich darüber informiert wurde, das wenn ich nicht binnen 3 Wochen über den Entscheid des für Bafög zuständigen Amtes berichten würde, ich meinen Anspruch auf Hartz4 verwirkt haben würde. Ich antwortete fristgemäß, das der Bafög-Antrag Frist-und Formgemäß eingereicht wurde, ich aber bisher weder über den Antragseingang, noch über den Ausgang des Antragsverfahren unterrichtet wurde. Eine Nachfrage beim zuständigen Amt erbrachte kein Ergebnis.
Natürlich (war ja auch nicht anders zu erwarten) teilte mir das Jobcenter heute mit, das mein Anspruch auf Hartz4 verwirkt hätte, weil ich den Bafög-Entscheid nicht fristgemäß eingereicht hatte. Lustigerweise fand ich direkt neben dem Brief vom Jobcenter auch den Brief des Sozialamtes in welchem offiziell erklärt wird, das ich keinen Anspruch auf Bafög habe.
Die Odyssee geht also nun weiter, mit dem Wiederspruchsverfahren, dem Übersenden des Bafög-Bescheides in Kopie mit Einschreiben-Rückschein. Ich sehe positiv in die Zukunft, das ich in der Zeit "wenn die Blätter von den Linden fallen" [Kaiser Wilhelm II] bereits Hartz 4 bekomme.
Wir lesen uns!
Aegre Reminiscens
das Jobcenter übertrifft Planet Vogsphere an Komplexität und Bürokratie um Potenzen. Anhand eines Fallbeispiels (mein Fall) möchte ich erläutern warum.
In den 2 Jahren vor dem 16.01.09 habe ich mich insgesamt 4x Arbeitslos gemeldet, den Termin zur Antragsabgabe allerdings jedesmal abgesagt, weil ich vorher bereits einen neuen Job gefunden hatte.
Am 16.01.09 habe ich aufgrund des gestiegenen Workloads an dem Abendgymnasium mich arbeitslos gemeldet. Da die Komplexität des Antrags anscheinend relativ hoch ist, musste ich verpflichtend einen Volkshochschulkurs belegen, wie die Anträge auszufüllen seien. Dort sollten mir dann auch die Antragsformulare gegeben werden. Den Kurs habe ich selbstverständlich abgeschlossen und ging mit einem unglaublichen Haufen Papier nach Hause.
Nachdem ich alles sorgfältig ausgefüllt hatte, ging ich frohen Mutes zum Termin der Antragsabgabe, dies war Ende Januar. Dort wurde mir mitgeteilt, das der Hauptantrag fehlt und ich lediglich Anlagen bekommen hatte. Die Sachbearbeiterin brach den Termin ohne weitere Durchsicht der Unterlagen ab.
Der neue Termin zur Antragsabgabe wurde wieder 2 Wochen später angesetzt und ich erschien dort mit einem ausgefüllten Hauptantrag und den anderen Anlagen. Ich äußerte freundlich meinen Unmut über diese Situation, schliesslich hatte ich einen VHS-Kurs belegen müssen, wurde aber äußerst grob angemacht, weil ich 1. einen grünen Fineliner verwendet hatte um den Antrag auszufüllen und 2. ich ja nicht berechtigt wäre zu motzen, schliesslich hätte ich ja einen untragbaren bürokratischen Aufwand verursacht, dadurch das ich in den zwei Jahren vorher 4x einen Job gefunden hatte, bevor ich den Hauptantrag hätte abgeben müssen.
Die Sachbearbeiterin fand nun heraus, das die Mietbescheinigung meines Vermieters fehlen würde, ebenso die Meldebescheinigung über meinen Wohnort. Desweiteren verstand die Sachbearbeiterin einige der Abkürzungen auf dem Bescheid der Krankenkasse mit den Informationen über meine Krankenversicherung nicht. Ich dachte ich könne erwarten, das sie sich um dieses Wissen kümmert, aber nein, ich musste höchstselbst an meine Krankenkasse schreiben, um dann meiner Sachbearbeiterin das von ihr geforderte Schriftstück erklären zu können.
Verwundert, mit neuen Informationen, weiteren Formularen und einigen weiteren Behördengängen im Terminkalender entschwand ich wieder aus dem würfelförmigen Gebäude, das den Verdacht in mir wachsen ließ es könne fliegen.

Beim nun dritten Termin zur Antragsabgabe bemerkte die Sachbearbeiterin, das auch die Anlage mit Informationen über mein Gewerbe fehlen würde. Meinen Gewerbeschein habe ich, um Freunden und Bekannten auf legalem Weg etwas Geld abknöpfen zu können, wenn ich eine Homepage für sie gestalte, Visitenkarten designe oder Flyer erstelle. Da mir keine Kosten dadurch entstehen, setzte ich überall auf dem Formular eine 0 ein. Auch bei den zu erwartenden Einnahmen setzte ich überall 0 ein, denn ich hatte nicht vor "Aufträge" anzunehmen, bis ich nicht mein Abitur in der Tasche habe.
In der Hoffnung nun alles erledigt und ausgefüllt zu haben erschien ich pünktlich, ausgeruht und entspannt beim vierten Termin. Diesen Termin verliess ich als Nervenbündel mit akuten Selbstmordabsichten, oder zumindest Anschlagsfantasien mit viel Sprengstoff in würfelförmigen Gebäuden. Mein Bild der Sachbearbeiter wandelte sich immer weiter zu 2m großen schnaufenden Lebewesen mit übergroßem Buckel und kurzen Extremitäten.

Denn beim vierten Termin wurde mir eröffnet, ich müsse einen Bafög-Antrag stellen, bevor über meinen Hartz IV-Antrag entschieden werden könne, schliesslich sei Abendgymnasium vom Prinzip her Bafög-Förderfähig und Bafög müsste vor Hartz IV bevorzugt werden. Ich weiss nicht warum, aber ich hatte irgendwie die Hoffnung gehabt, das mir solche existenziellen Dinge direkt beim ersten Mal am 16.01.09 gesagt werden. Natürlich habe ich am 16.01 und auch sonst überall betont, das ich Abendschüler bin und mein Abitur nachhole.
Die telefonisch bestellten Antragsformulare kamen relativ schnell. Verwundert war ich darüber, dass ein übergroßer DIN A4-Umschlag für den 1,2cm dicken Stapel ausreichte, und die Formulare nicht auf Europaletten gestapelt zu mir kamen (dies hatte ich erwartet). Es wäre natürlich zu einfach für die Mietbescheinigung das selbe Formular zu verwenden wie das Jobcenter, darum schickte ich auch diese Mietbescheinigung mit frankiertem Rückumschlag an meine Vermieterin, welche in Frankreich wohnt.
Nun kam die sogenannte Weg-und-Wartezeitberechnung an die Reihe. Obwohl ich seit nun mehr 4 Jahren eine eigene Wohnung bewohne und bis mitte März über ein Auto verfügt habe, mit dem ich problemlos zur Schule komme, war es notwendig, das ich dem zuständigen Amt mitteile wie lange ich für den hypothetischen Weg von meiner Mutter zur Schule und von meinem Vater zur Schule bzw für den jeweiligen Rückweg brauchen würde. Das schlechte Netz der öffentlichen Verkehrsmittel hier auf dem Land machte diese Recherche sehr aufwendig, auch weil die Betreiber der Busnetze ihre Pläne nicht im Internet veröffentlicht haben. Das dazu zu Verfügung stehende Formular war nicht ausreichend detailliert um die kompexen öffentlichen Verkehrsmittel wahrheitsgetreu abzubilden. Aus diesem Grund schrieb ich einen Brief,
Auszüge davon möchte ich euch nicht vorenthalten:
-
"Weg Vater --> Schule
Einsteigen würde ich an der Haltestelle „XYZ“. Der Fußweg vom Wohnort meines Vaters dahin sind 370m. Der Bus Nr. XYZ fährt dort werktags um 15.03 Uhr ab. Ich muss einmal am XYZ Bahnhof umsteigen in den Bus XYZ. Dieser ist, wie bereits beschrieben, um 16.26 an der Haltestelle XYZ. Von dort aus sind es 840m bis zur Schule.
Weg Schule --> Vater
Der Rückweg ist erst am nächsten Morgen um 08.24 möglich. Das heisst ich müsste nach der Schule 639 Minuten (oder 10h und 39 Minuten) warten bis ich zurück kommen könnte. Der Vollständigkeit halber gebe ich trotzdem noch an, dass diese Verbindung nach zweimaligem Umsteigen um 10.25 Uhr wieder an der Haltestelle „XYZ“ wäre.
[...]
Beeindruckt von der Komplexität dieses Systems, dessen Sinn sich dem Betroffenen wohl nie erschliessen wird, verbleibe ich,
Hochachtungsvoll,
[Aegre Reminiscens]"
Nachdem ich den weiteren Packen der Formulare ausgefüllt habe, die zusätzlichen behördlichen Auskünfte beigelegt hatte, waren knapp 2 vollständige Arbeitstage verstrichen und ich konnte den Haufen Anträge abschicken.
Nachdem ich knapp einen Monat auf den Bescheid über die Ablehnung gewartet hatte, bekam ich überraschend einen Brief vom Jobcenter, indem ich darüber informiert wurde, das wenn ich nicht binnen 3 Wochen über den Entscheid des für Bafög zuständigen Amtes berichten würde, ich meinen Anspruch auf Hartz4 verwirkt haben würde. Ich antwortete fristgemäß, das der Bafög-Antrag Frist-und Formgemäß eingereicht wurde, ich aber bisher weder über den Antragseingang, noch über den Ausgang des Antragsverfahren unterrichtet wurde. Eine Nachfrage beim zuständigen Amt erbrachte kein Ergebnis.
Natürlich (war ja auch nicht anders zu erwarten) teilte mir das Jobcenter heute mit, das mein Anspruch auf Hartz4 verwirkt hätte, weil ich den Bafög-Entscheid nicht fristgemäß eingereicht hatte. Lustigerweise fand ich direkt neben dem Brief vom Jobcenter auch den Brief des Sozialamtes in welchem offiziell erklärt wird, das ich keinen Anspruch auf Bafög habe.
Die Odyssee geht also nun weiter, mit dem Wiederspruchsverfahren, dem Übersenden des Bafög-Bescheides in Kopie mit Einschreiben-Rückschein. Ich sehe positiv in die Zukunft, das ich in der Zeit "wenn die Blätter von den Linden fallen" [Kaiser Wilhelm II] bereits Hartz 4 bekomme.
Wir lesen uns!
Aegre Reminiscens
Aegre Reminiscens - 1. Jul, 18:45
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